Aus Rudi`s Sicht
Am
24.01.2015 holten mich die Beiden von meinem alten Besitzer ab, denn
ich lange Zeit als Baufahrzeug gedient hatte. Nachdem ich aber immer
älter wurde und den Anforderungen nicht mehr gerecht wurde, wurde
ich durch einen meiner jüngeren Brüder ersetzt. Und nun wartete ich
bei Majid, einem indischen Autoverkäufer auf neue Besitzer und
hoffte, dass sie es gut mit mir meinen würden. Wenige Tage später kam Ralf
auf mich, der sich sehr für mich zu interessieren schien. Ich wurde von ihm
komplett durch gecheckt, dabei gab ich mein Bestes, den außer den
alten Baustaub im Kofferraum hatte ich nicht viel zu bieten. Kurze zeit später rollte ich aber gemeinsam mit ihm vom Hof. An der
nächsten Tankstelle brauchten wir beide erst einmal eine Erfrischung um
uns besser kennen zulernen. Ich wusste nicht was mich bei ihm
erwarten würde, aber es fühlte sich gut an, endlich wieder auf der Straße
unterwegs zu sein. Unsere Fahrt ging zur Gold Coast, wo ich Marie,
meine zweite Besitzerin kennen lernte, auch von ihr wurde ich nochmal inspiziert, aber nicht so gründlich wie bei Ralf.
Beide schienen sehr
glücklich und zufrieden mit mir zu sein, den anschließend bekam ich
noch eine Handwäsche und wurde im Inneren vom Baustaub befreit. Am
späten Abend tauften sie mich bei einer Flasche Wein dann auf den
Namen Rudi.
Den Namen bekam ich von Ralfs Opa, der auch schon etwas
älter, aber genauso wie ich noch top fit ist.
Am nächsten Tag wurde
ich mit ganz viel Sachen und Grimms Krams beladen und unsere erste
gemeinsame Tour führt uns ins 1300 km entfernte Airlie Beach. Ich fuhr wie
eine Eins, trotz Hitze, Unwetter und eine Nachfahrt (.... obwohl
jeder in Australien eigentlich weiß, dass man im dunkeln nicht
fahren darf... den beiden muss ich noch einiges beibringen) zu meinem
neuem Zuhause, nur wenige Minuten vom Strand entfernt.
Die nächsten
Wochen war ich ein Arbeitsauto und fuhr die Beiden immer sehr
zuverlässig zu ihrer Lemon Myrthl Farm. Ich kann mich noch ganz
genau an ihre ersten beiden Arbeitstage auf der Farm erinnern, voller
Energie und Elan sind sie am ersten Tag mit mir in den Dschungel
dorthin hin gefahren. Selbst mir wurde im Schatten heiß und als die
beiden endlich Feierabend hatten, waren sie so fertig, dass ich Mühe und Not hatte sie nachhause zu bringen...
Ich vergaß sogar einmal Ralf an
zuschnallen und die Polizei erwischte uns.
Eines Tages beschlossen
die Beiden mich auszubauen, ich hatte so etwas schon geahnt.. Es
wurden viele Sachen für mich gekauft, ein Bett wurde kreiert,sogar
mit integrierter Sitzgelegenheit, ich bekam ein zweites Herz, um den
Kühlschrank zu kühlen, einen Ventilator, weiß blaue Wände und
verdunkelte Scheiben. Die beiden steckten viel Herzblut in
meinen Ausbau, Ich erkannte mich kaum mehr wieder, von den Nachbarn
und Arbeitskollegen wurde ich bewundert, vor allen für den
Kühlschrank in meinem Kofferaum.
Im April war es dann soweit, in
meinem Alter und in meiner Autoklasse war ich jetzt weit und breit der
hübscheste Backpacker- Van den es gab.
Wir drei freuten uns riesig auf unseren
ersten richtigen Roadtrip und konnten es kaum erwarten das alle
Sachen in mir verstaut waren.
Doch die Aufregung in den letzten Tagen
war etwas viel für mich und ich wurde kurzfristig etwas krank. Wie
ihr euch vorstellen könnt, war das ein riesen Schock für die
Beiden, als ich einen Tag vor unserem großen Roadtrip nicht mehr
anspringen wollte. Sie taten mir sehr leid und ich gab mein Bestes um
den Startermotor zum laufen zu bringen, aber ich hatte an dem Tag
keine Kraft. Verzweifelt und enttäuscht redeten sie mir gut zu, ich
wurde sogar von meinem Zwillingsbruder fremd gestartet, aber meiner
Batterie ging es ja gut. Erst Grek unser Vermieter, der
Automechaniker ist, hatte die rettende Idee und klopfte mit einem
Hammer auf den Anlasser und mein Herz fing wieder an zu laufen.
Ich
habe Marie und Ralf schnell in mein Herz geschlossen, aber manchmal
hatten wir mehr Glück wie Verstand auf unser Tour durch Australien.
Dennoch hatten wir drei eine unvergessliche Zeit.
Als ich in Tenant
Creek nach tage langem warten einen neuen Startermotor bekam fühlte
ich mich wie im dritten Frühling, keiner konnte mich mehr aufhalten.
Ich lernte neue Hobbys kennen, z.B.:
- Off -Road-Strecken durchs
Outback,
- kleine Wasserdurchfahrten,
-Sonnen in der Sonne,
-nachts den
Sternenhimmel beobachten,
-lange Roadtrips und relaxen am Strand.
Was
ich nicht mag sind:
-verstopfte Filter,
-Flussdurchquerungen und
Winter.
Aber dann kam der Tag, an dem die Beiden mir sagten, dass
sie mich verkaufen müssen, weil sie zurück in ihre Heimat gehen. Das war natürlich ein riesen Schock für mich, weil ich doch in den letzten Monaten zu ihrer Familien geworden bin. Wir haben uns immer alles geteilt und sind durch dick und
dünn gegangen.
Ich weiß, wenn es irgendwie möglich gewesen
wäre, hätten sie mich mit nach Deutschland genommen und ich bin
ihnen auch nicht böse darüber, sondern dankbar darüber die beiden
10 Monate durch Australien begleitet zu haben. Gemeinsam haben wir so viele
unmögliche und unvergesslichen Dinge erlebt. Wir sind 40 000 km quer durch Australien gerollt, haben eine ganze Runde gedreht und ich brauchte nur vier Mal
neue Schuhe.
Sie haben ihr versprechen, mich nur an liebe Menschen zu verkaufen eingehalten. Sie haben so lange mit dem Verkauf gewartet, dass es schon fast zu Spät war, aber dann kam Michelle und nun darf ich wahrscheinlich wieder auf Reisen gehen, zwar keine so verrückte Rundreise wie mit den Beiden, dafür schön entspannt und nur an den Wochenenden, dann hab ich in der Woche genügend Zeit mich zu Sonnen....
Aber dann kam der Moment, es war der 07.10.2015, 15.00 Uhr wovor wir Drei schon lange Zeit Angst hatten
wir mussten uns von einander verabschieden. :(
Wir hatten es bis zur letzten Minute hinaus gezögert, aber jetzt gab es kein zurück mehr.
Uns standen die Tränen in den Augen, aber es musste ja irgendwann kommen...
Bei Michelle werde ich bestimmt ein tolles Rentenleben führen können und die Beiden werden die letzten Wochen auf ihrer Reise in Sydney und Dubai verbringen, wo sie immer an mich denken werden.
Danke
ihr Beiden, dass ihr mich zu dem Rudi gemacht habt, der ich heute
bin!
Ich werde Euch nie vergessen und ihr werdet immer in meinem
Autoherzen bleiben.
Ich wünsche Euch vom Herzen einen tollen
Neustart in Deutschland und das eure Wünsche und Träume, die ihr
mir in der Zeit anvertraut habt in Erfüllung gehen.
Euer
Rudi,
(der Euch niemals vergessen wird).
(der Euch niemals vergessen wird).
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